INTO THE FIELDS – Festival erobert neue Tanzräume und bewegt Publikum mit außergewöhnlichen Performances

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Trophée -Tanz Performance in der Rheinaue eröffnet Into the Fields Festival (Foto: Beatrix Gyenes)

Die siebte Ausgabe des Bonner Tanzfestivals Into the Fields startet heute mit einer kostenlosen Aufführung des Stücks TROPHÉE auf dem KUNST!RASEN Gelände in der Rheinaue. (13./14. April, 18 Uhr, Eintritt frei, Charles-de-Gaulles-Str.)

Bis zum 22. April können Besucher im Theater im Ballsaal, in der Brotfabrik in Beuel und der Rheinaue außergewöhnliche Performances des zeitgenössischen Tanzes erleben. Das Festival möchte den unmittelbaren Dialog zwischen Künstlern und Zuschauern fördern und mit der klassischen Rollen- und Raumverteilung spielen.

In der Outdoor Performance “Trophée” beschäftigt sich der südafrikanische Choreograf Rudi van der Merwe mit den Themen Jagd, Eroberung und militärische Traditionen. Dabei werden die Tänzer von treibenden Beats einer Perkussion begleitet.

Van der Merwe, der Tanz und Drama in Südafrika, Moderne Literatur in Straßburg und Film in London studiert hat, lebt heute in Genf. Dort hat er 2010 die Kompanie Skree Wolf gegründet. In seiner Arbeit interessieren ihn Machtverhältnisse, das Verhältnis des Einzelnen zu einer Gruppe und der Mensch im Angesicht der Unendlichkeit.

Das Into the Fields Festival wird von der Bonner CocoonDance Company kuratiert.  Dem Publikum werden über zwei Wochen insgesamt sechs internationale Tanzproduktionen präsentiert.

  • HERETIQUES (13.04., 20 Uhr) von der argentinischen Choreografin Ayelen Parolin
  • TROPHEE (13./14.04., 18 Uhr) von Rudi van der Merwe und  Skree Wolf Cie.
  • 3,14 N (18.04., 20 Uhr) von Andrea Rama und der Compagnie Porson’s Khashoggi
  • EVENT HORIZON (20.04., 20 Uhr) von der kroatischen Choreografin Martina Nevistić
  • EAU DE VIE, (MO)MENTAL DANCE (21./22.4.) von Lucia Kašiarová und Peter Šavel
  • ANECKXANDER (21.04., 20 Uhr), Tanzsolo von Alexander Vantournhout aus Belgien
HÉRÉTIQUES -Choreografin Ayelen Parolin entwickelt mit zwei Tänzern ein modernes Ritual. (Foto: Charlotte Sampermans)

Dieses Wochenende (14./15.04.) ist zudem VIS MOTRIX, die neueste Produktion von CocoonDance zu sehen. Das FOKUS Showing (22.04., 16 Uhr) der Junior Company Bonn wird das Festival abschließen.

(Hier ist das komplette Programm. Mit der Festivalcard reduziert sich der Eintritt für jede Aufführung für den folgenden Besuch um einen Euro.)

Vis Motrix = kraftvolle Bewegerinnen

In VIS MOTRIX, das quasi ein weibliches Gegenstück zu MOMENTUM darstellt, fordert CocoonDance Choreografin Rafaële Giovanola ihre Tänzerinnen zu einer körperlichen Höchstleistung heraus. Vis bedeutet auf Lateinisch Kraft. Motrix ist die grammatikalisch weibliche Form von Motor.

Wie bei MOMENTUM, das seine anfänglichen Impulse aus dem Austausch mit der Bewegungsform Parkour bezog, startete VIS MOTRIX mit einem Workshop und anschließender Bewegungsrecherche mit den Freestyle Tanzformen Break Dancing und Krumping. Die Elektro-Musik stammt auch diesmal von DJ Franko Mento.

 Krump inspirierter ChestPop in VIS MOTRIX  (Foto: Klaus Fröhlich)

Krump, was für “Kingdom Radically Uplifted Mighty Praise” steht, ist ein in Los Angeles geborener, sozial kritischer, eher männlich geprägter Tanzstil mit „Stomps“ (Stampfen), „Chestpops“ (blitzartiges Hochschnellen der Brust) und „Armswings“ (Schwingen der Arme).

In der Bewegungslosigkeit, dem Nullpunkt des Tanzes, beginnt das Spiel der vier Tänzerinnen.

Mit dem pulsierenden, lauter werdenden Sound der Musik fließt Energie in die Körper, die eher wie Maschinen wirken als Menschen. Eine Tänzerin erhebt ihren Kopf. Ein Brustkorb hebt sich ruckartig auf. Auf der anderen Seite des Raumes schnellt ein Bein in die Luft. Der Fuß mit dem schweren Turnschuh kracht danach laut auf den Boden, was an den typischen Krump Stomp erinnert.

Die Körper schieben sich gradlinig, rückwärts und vorwärts, durch den Raum, einzeln oder als Gruppe, synchron wie ein Wasserballett. In schnittigen Drehungen ändern sie abrupt ihre Richtung wie Kaulquappen oder Fische in einem Schwarm. Ihre Bewegungen werden zunehmend raumgreifend.

Hybride geheimnisvolle Wesen, die sich fremdartig bewegen; fremd, doch keineswegs bedrohlich. Ihre Bewegungen sind nicht archaisch wild wie bei dem männlichen Vorgängerstück und weniger aggressiv als beim Krumping, sondern abstrakter, elegant und grazil, aber nicht minder kraftvoll.

Im Verlauf des 45-minütigen Stücks verlieren die Körper stetig an Bodenhaftung. Sie hüpfen froschartig hoch und richten sich zunehmend auf. Doch etwas zieht sie immer wieder runter, wie magnetisch zu Boden. Der Druck könnte auch von oben kommen,  unter Umständen von einem unsichtbaren Glasdach. (Women who are hitting the famous class ceiling.)

Das Publikum spürt, was für eine enorme Anstrengung die stets den Rücken zum Boden ausgerichteten Moves den vier Tänzerinnen abverlangt.  Allein das Zuschauen ist körperlich anspannend. Fa-Hsuan Chen, Martina De Dominicis, Tanja Marin Fridjonsdottir und Susanne Schneider vollbringen in VIS MOTRIX einen herausragenden künstlerischen und körperlichen Kraftakt.

“Die körperliche Leistung der Tänzerinnen ist beeindruckend,” kommentierte Ana Tamblyn die Performance Anfang März nach der Premiere. “Mich hat das Stück fasziniert. Die Tanzweise ist einzigartig, insektenähnlich, dann wieder hat es mich an Maschinen erinnert. Auch als Tänzerin hat es mich inspiriert.”

Die Verbindung von zeitgenössischem Tanz mit aktuellem Hip-Hop findet sie spannend und ansprechend für jüngere Menschen. Deshalb könne sie das Stück auch Altersgenossen wärmstens empfehlen.

Mitglieder der Junior Company in der 2017 Produktion ANIMOTION (Foto: Klaus Fröhlich)

Die 16-jährige Schülerin ist Mitglied der Junior Company Bonn, dem Nachwuchsensemble von CocoonDance, die oft mit den professionellen Tänzern probt. So hat sie einen Einblick in das Bewegungsmaterial gewonnen und die Krump inspirierten Moves selbst ausprobiert.

Unter dem Arbeitstitel FOKUS untersucht das neue Projekt der Junior Company die physische Beziehung des Einzelnen zur Gruppe.

Dabei entwickeln die Tänzer*innen im Alter von 8 bis 18 Jahren in Form eines Battle die besondere Kommunikation zwischen Körpern, als einem außerordentlichen Ritual von Körpern im Dialog.

 

 

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